Karate von A bis Z
Ein langer Weg
Jeder Jugendliche weiß, dass nach der Schulzeit der Ernst des Lebens beginnt, man wird eingegliedert in die Welt der Erwachsenen, eine Ausbildung muss gemacht werden, denn sonst hat heutzutage keiner mehr eine Chance einen vernünftigen Beruf auszuüben. Der Arbeitsmarkt ist übersättigt und nur die Besten haben überhaupt noch die Wahl, alle anderen müssen sich damit begnügen einen Beruf auszuüben, den sie nie angestrebt haben. Mit der Unterschrift auf dem Lehrvertrag weiß man nun ganz genau, wie lange eine Ausbildung dauert, zwei Jahre, drei Jahre oder in Ausnahmefällen auch länger.Ein Student braucht selbst bei einem zeitintensiven Studium maximal sechs Jahre. Nach dieser Lehre absolviert ein jeder eine Abschlussprüfung, mit der er autorisiert ist, selbständig zu arbeiten. Das heißt, ich als Verbraucher oder Kunde vertraue einem Menschen nach dieser Lehrzeit z.B. mein Auto, meineHaare oder was es auch immer sein mag an, in der Hoffnung, dass er es gut macht, schließlich hat er jahrelang gelernt.
Wie ist es nun, bei einer an einem Beruf gemessenen, unwichtigen Sache wie Sport, in unseremFall unser Sport, Karate? Hier habe ich nach zwei oder drei Jahren gerade den Leistungsstand einesAnfängers, ich beherrsche gerade meine Grundtechniken, und noch nicht einmal alle. In gewissenAbständen lege ich immer wieder Prüfungen ab, mit dem Wissen, mein Ziel noch lange nicht erreicht zuhaben, ihm aber mit jeder neuen Gurtfarbe ein Stück näher gekommen zu sein.
Ich glaube das Ziel jedes Karatekas ist der Schwarzgurt und um den zu erlangen muss ich mit einer Lehrzeit von ca. zehn Jahren rechnen. Allein schon die Tatsache, dass man dieses Durchhaltevermögen hat, ist bewundernswert und im Sport einmalig.
Nun kann ich mich aber nicht einfach zur Schwarzgurtprüfung anmelden, wie bei den Kyu-Prüfungen, ich muss mich auf diese, nennen wir es Abschlussprüfung, vorbereiten, und Nachweise erbringen, z.B. zwei Kampfrichterseminare besucht zu haben. Ich kann DAN-Vorbereitungskurse belegen, und ich habe vorgegebenePflichtlehrgänge zu besuchen. Habe ich nun alle vorbereitenden Kriterien erfüllt, suche ich mir einenLehrgang, auf dem DAN-Prüfungen abgenommen werden, und das ist nicht immer direkt vor der Haustür.Dann stehe ich endlich mutterseelenallein vor dem Prüfer, unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Hier muss ich nun das Wissen aller Jahre unter Beweis stellen, es kommt darauf an zu demonstrieren, dass man würdig ist, seine Fähigkeiten weitergeben zu dürfen. Wird einem dieses körperliche und geistige Können bescheinigt, bekomme ich endlich meinen schwarzen Gürtel verliehen, was sicherlich für jedenDAN-Anwärter eine große Ehre ist. Man sollte ihn mit Stolz, aber auch mit Bescheidenheit tragen, denn gerade diese Gegensätze muss ich verinnerlicht haben, um andere diese uralte Kunst zu lehren und sie lebendig zu halten.
(Karin Fermer)